Eine Gruppe von Azubis der Firma elektroNWS ist abgebildet. Sie stehen in einer Tiefgarage beieinander und lächeln, während sie auf einen Azubi in der Mitte zeigen.
Ausbildungsleiter im Interview: Samir Hashem

„Wir bilden aus, um zu übernehmen“

, Text von Nils Wigger

Wie elektroNWS in Basel mit 50 Lernenden die Ausbildung organisiert – ein Gespräch mit Ausbildungsleiter Samir Hashem.

elektroNWS hat, gemessen an der Unternehmensgröße, außergewöhnlich viele Lernende. Warum tut sich ein Betrieb das an – und wie hält man die Qualität hoch? Ein Interview über Fachkräftemangel, Schnupperwochen, viel Struktur und noch mehr Nähe.

Herr Hashem, warum hat elektroNWS entschieden, so viele Lernende auszubilden?

Ganz ehrlich: aus Notwendigkeit – und aus Überzeugung. Vor etwa fünf Jahren hat uns der Fachkräftemangel mit voller Wucht erwischt. Wir sind gewachsen, aber der Markt hat schlicht zu wenige qualifizierte Elektroinstallateure und Montageelektriker hergegeben. Selbst im Dreiländereck rund um Basel, wo wir auch in Deutschland und Frankreich rekrutieren, war der Pool schnell ausgeschöpft. Wir mussten daher viel auf Hilfskräfte setzen. Aber darunter leidet die Qualität, wenn die Balance zwischen Hilfsmonteuren und ausgebildeten Fachkräften nicht stimmt. Der logische Schritt war: Wir bilden konsequent selbst aus. Und zwar so, dass wir die Leute später übernehmen können. Das ist bis heute der Kern unserer Strategie.

Wie groß war euer Ausbildungsengagement früher und wie sieht es heute aus?

In den Anfangsjahren hatten wir fünf bis sechs Lernende parallel. Für ein Unternehmen mit rund 120 Mitarbeitenden ist das völlig normal. Inzwischen sind es etwa 50, über alle Lehrjahre hinweg. Das ist viel, ja. Aber es passt zu unserem Wachstum und zu unserem Anspruch, die Fachkräfte von morgen selbst aufzubauen.

Samir Hashem, Ausbildungsleiter von elektroNWS in Basel Samir Hashem, Ausbildungsleiter von elektroNWS

„Viele Unternehmen filtern hart über Schulzeugnisse. Wir sagen: Zeig‘ uns in der Praxis, wer du bist. Dafür sind die Schnupperwochen entscheidend.“

Samir Hashem

Ausbildungsleiter elektroNWS, Basel

50 Lernende parallel: Das klingt nach Organisations-Marathon. Wie stellt ihr Qualität und Betreuung sicher?

Mit Struktur, klaren Rollen und sehr direkter Kommunikation. Startpunkt ist unsere Einführungswoche: Alle kommen zusammen, wir klären die schulischen und betrieblichen Basics, führen Sicherheitsunterweisungen durch, übergeben die Ausrüstung und erläutern Arbeitsabläufe. Danach werden die Lernenden Abteilungen und Projektleitern zugeordnet. Im Alltag begleitet sie ein Praxisausbilder, also eine feste Ansprechperson auf der Baustelle. Eine Fachkraft kann bis zu drei Lernende betreuen und gleichzeitig sinnvoll arbeiten. Wichtig sind außerdem die Gespräche: Nach drei Monaten führen wir ein Probezeitgespräch, anschließend alle sechs Monate – mit allen 50 Lernenden. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern in der Schweiz auch so verankert. Wir sehen Noten, Praxis-Feedback, sprechen über Stärken, Hürden, auch über Zwischenmenschliches. So greifen wir früh ein, bevor etwas eskaliert oder in die falsche Richtung läuft. Und: Wir sind erreichbar. Wir haben einen WhatsApp-Gruppenchat, jeder kann mir schreiben – zu jedem Thema. Kurze Wege helfen jungen Leuten enorm. Wir versuchen außerdem sicherzustellen, dass alle auf dem gleichen Ausbildungsniveau sind, selbst wenn sie unterschiedlichen Baustellen zugeordnet sind.

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Wie macht ihr das?

Zu Beginn jedes Semesters gibt es bei uns einen sogenannten Vorbereitungskurs. Das ist unsere eigene Erfindung. Hier schauen wir, auf welchem Stand jeder einzelne Auszubildende ist und wo es noch Lücken gibt. Dafür können die Jugendlichen meistens selbst nichts. Es liegt vielmehr daran, dass jede Baustelle unterschiedliche Aufgaben parat hat. Und manchmal geht es auch etwas langsamer voran. Da kann es sein, dass ein oder zwei Fähigkeiten noch nicht trainiert wurden, die zu dem Ausbildungszeitpunkt aber schon vorhanden sein sollten. So etwas holen wir in den Vorbereitungskursen dann nach. Zudem bin ich jeden Sonntag für einige Stunden im Betrieb. Die Auszubildenden können dann herkommen, um hier zu lernen und meine Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie viele schaffen am Ende die Abschlussprüfung und wie viele Auszubildende übernehmt ihr?

Wir bilden aus, um zu übernehmen. Unsere Übernahmequote liegt bei rund 80 Prozent. Das ist für die Lernenden ein riesiger Pluspunkt. Aber auch danach bilden wir unsere Mitarbeiter aktiv weiter. Etwa 70 Prozent von den Auszubildenden, die die Ausbildung bestehen, bleiben keine Elektriker, Die bilden sich weiter in Richtung Projektleitung, Technik, machen höhere Berufsbildung oder ein Studium. Wir finanzieren diese Weiterbildungen in aller Regel, verbunden mit fairen Verpflichtungen, etwa zwei Jahre im Unternehmen zu bleiben.

So viele Übernahmen verändern die Belegschaft. Wie haltet ihr die Balance zwischen Erfahrung und Jugend?

Mit Mentoring und Planung. Wir haben viele sehr erfahrene Kolleginnen und Kollegen zwischen 45 und 55, die ihr Wissen aktiv weitergeben. Wir rekrutieren aber auch sehr bewusst junge Fachkräfte, damit der Staffelstab von der älteren auf die jüngere Generation übergeben werden kann.

Herr Hashem, vielen Dank für das Gespräch.

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