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Gesund im Handwerk

»15 Minuten Training am Tag wirken Wunder«

, Text von Felix Firme

Handwerker haben oftmals mit Rückenleiden zu kämpfen. Orthopäde Dr. Matthias Manke - besser bekannt als der Revierdoc - weiß, was gerade sie tun können, um möglichst lang fit und schmerzfrei zu bleiben.

Dr. Manke, wen trifft es eigentlich schlimmer: Bürositzer oder Handwerker?

Eindeutig Handwerker. Genau wie der Bürositzer hat er häufig eine Fehlhaltung. Das ist einfach bedingt durch seine Tätigkeit. Hinzu kommen aber noch Fehlbelastungen, zum Beispiel durch das Tragen schwerer Geräte. Das belastet die Strukturen wie Bandscheiben, Gelenke, Sehnen noch weiter. Oft fehlt Handwerkern aber die Erkenntnis, dass sie besonders gefährdet sind.

 

Wie kommt das?

Viele von ihnen sitzen in meiner Praxis und sagen: “Aber ich bewege mich doch jeden Tag bei der Arbeit”. Sprich, dass sie nicht dieselben Probleme haben wie Bürositzer. Aber diese Bewegung ist oftmals viel zu einseitig. Sie muss aktiv durch Training ausgeglichen werden. Diese Erkenntnis fehlt leider vielen. Und selbst wenn: Auf Training hat kaum jemand Lust.

 

Training klingt ja auch aufwändig.

Klar, ich verstehe das auch. Es ist schwer, so was im sowieso schon vollen Alltag unterzubringen. Aber 15 Minuten am Tag, das reicht völlig. Viele Dinge kann man nicht nur zu Hause machen, sondern auch in kurzen Pausen auf der Baustelle.

 

Was denn zum Beispiel?

Im Schulter-Nackenbereich hilft es, eine Kiste oder ähnliches an eine Wand zu stellen und sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt draufzusetzen. Dann den Kopf für zehn Sekunden an die Wand drücken und für 10 Sekunden wieder locker lassen. Das geht sogar im Auto. Mehrmals am Tag wiederholt, wirkt das schon Wunder. Beim Rücken helfen dagegen klassische Planks oder der Vierfüßlerstand. Am besten auf einer Matte.

 

Was können Handwerker zusätzlich zum Ausgleichstraining machen?

Es ist wichtig, während der Arbeit alle Hilfsmittel zu nutzen, die die Belastung reduzieren. Also Muskulatur und Körperstatik schonen. Beim schweren Tragen also Rückenbandagen. Bei der Arbeit auf den Knien Knieschoner. Und ganz wichtig: Einlagen in den Schuhen. Das verbessert die Statik und beugt ebenfalls Rückenleiden vor. Am besten fängt man damit schon als Azubi an. Gerade junge Handwerker wollen oft cool sein und stehen noch voll im Saft. Sie verzichten gerne mal auf solche Hilfsmittel, aber das rächt sich später.

 

Können Handwerker mit den richtigen Hilfsmitteln und Training jegliche Rückenbeschwerden abwenden?

Nein, oftmals leider nicht. Die dauerhaften Fehlbelastungen und Fehlhaltungen zeigen irgendwann im Alter trotzdem ihre Wirkung. Bewegung und Belastbarkeit sinken. Man kann durch Vorbeugung aber dafür sorgen, dass man möglichst lange beschwerdefrei bleibt. Bis zum Alter von 70 Jahren zu arbeiten, was viele Politiker in den letzten Jahren andeuten, wird für die meisten Handwerker ohne aktives Training schwer.

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Was ist, wenn man schon Schmerzen hat? Wie geht man am besten vor?

Schmerzen sind immer ein Warnsymptom und sollten nicht ignoriert werden. Das macht alles nur noch schlimmer. Bei leichten und nicht chronischen Schmerzen helfen zum Beispiel Wärmepflaster. Auch eine Ibuprofen 400 ist erlaubt, um durch Schmerzen verursachte Fehlhaltungen zu vermeiden. Und natürlich sollte man spätestens dann mit dem Training beginnen.

 

Ab wann sollte ich zum Arzt gehen?

Wenn der Schmerz mehr als sechs Tage lang anhält, würde ich das lieber abklären lassen. Das gleiche gilt für sehr starke Schmerzen. Aber bitte gehen Sie zu einem vernünftigen Arzt. Es gibt sehr viele Quacksalber. Der Arzt sollte neben bildgebenden Verfahren wie MRT unbedingt auch eine händische Untersuchung vornehmen. Bildgebung allein nützt nämlich gar nichts. Vieles, was den Schmerz auslöst, sieht man dort gar nicht.

 

Gibt es auch Warnzeichen, bei denen man zum Arzt sollte, die nicht mit Schmerz in Verbindung stehen?

Ja, bei ständigen Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen oder Taubheit. Vor allem, wenn diese in die Beine ausstrahlen. Das gilt ebenso für Rötungen, Schwellungen und ungewöhnliche Wärme an Gelenken.

»Es ist wichtig, während der Arbeit alle Hilfsmittel zu nutzen, die die Belastung reduzieren.«

Dr. Matthias Manke
Der Revierdoc

Wie ist die Prognose bei Bandscheibenvorfällen?

Das kommt natürlich auf den Einzelfall an. In 80 Prozent der Fälle sind es gar keine Bandscheibenvorfälle, obwohl Handwerker das oft denken. Stattdessen ist es meist die fehlende Muskulatur, weil das Ausgleichstraining fehlt. Das Gute ist: Hier kann man aktiv dagegen arbeiten, damit es besser wird. Das gilt übrigens auch bei einem Bandscheibenvorfall.

 

Haben Sie noch einen letzten Rat an alle Handwerker da draußen?

Keinen, den ich nicht schon genannt habe. Aber ich will noch einmal wiederholen: Macht 15 Minuten Training am Tag, und es wird eurem Körper im Leben sehr viel besser gehen.

 

Dr. Manke, vielen Dank für das Gespräch.

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